Urlaubsabgeltung
Gem. § 7 Abs. 4 BUrlG ist der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers finanziell abzugelten, sofern der Urlaub wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr in Anspruch genommen werden kann. Seit Jahren führt die Problematik „Urlaubsabgeltung“ immer wieder zu Rechtstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, insbesondere dann, wenn der Arbeitnehmer aufgrund einer – bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses – durchgehenden krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit nicht (mehr) in der Lage war, den ihm zustehenden Erholungsurlaub zu nehmen.
Nach der alten – und nicht mehr aktuellen – Rechtsprechung war der Urlaubsanspruch verfallen, wenn dieser wegen Krankheit im Kalenderjahr bzw. bis zum Übertragungszeitraum (31.03. des Folgejahres) nicht mehr genommen werden konnte. Erst durch die Rechtsprechung des EuGH und anschließend des BAG aus dem Jahr 2009 ergab sich eine Änderung der Rechtslage; scheidet ein Arbeitnehmer nach langer Arbeitsunfähigkeit aus dem Arbeitsverhältnis aus, musste der nicht in Anspruch genommene Urlaub finanziell abgegolten werden.
Diese Rechtsprechung führte dazu, dass sich viele Arbeitgeber mit erheblichen Abgeltungsansprüchen von Arbeitnehmern konfrontiert sahen, die nach einer längeren krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit, ggf. über mehrere Jahre, aus dem Arbeitsverhältnis ausschieden. Bedingt durch die Tatsache, dass der Arbeitnehmer nach Ablauf der Entgeltfortzahlungsfrist und durch den Bezug von Krankengeld den Arbeitgeber „kein Geld mehr kostete“, sahen die Arbeitgeber trotz Vorliegens der Voraussetzungen für eine personenbedingte Kündigung von einem solchen Schritt ab. Auch der Arbeitnehmer selbst hatte keinen Anlass, eine Eigenkündigung des Arbeitsverhältnisses auszusprechen, da sie entweder glaubten, ggf. eines Tages wieder in das Arbeitsverhältnis zurückkehren zu können, oder aber schon eine Erwerbsunfähigkeitsrente bezogen.
Vor diesem Hintergrund sah sich das LAG Hamm gehalten, dem EuGH die Frage vorzulegen, ob ein Abgeltungsanspruch krankheitsbedingt ausgeschiedener Arbeitnehmer uneingeschränkt existiert oder ob ein solcher zu begrenzen sei.
Aufgrund dieser Vorlage des LAG Hamm hat der EuGH am 22.11.2011 seine bisherige Rechtsprechung modifiziert und darauf hingewiesen, dass eine Ansammlung von Urlaubsansprüchen über mehrere Jahre nicht geboten und eine nationale Regelung mit einer Begrenzung des Übertragungszeitraums von 15 Monaten nicht zu beanstanden sei. Folge dieser einschränkenden Rechtsprechung ist, dass die Urlaubsansprüche des durchgehend krankheitsbedingt arbeitsunfähigen Arbeitnehmers verfallen, wenn sie nicht spätestens 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres geltend gemacht werden.
Das LAG Baden-Württemberg hat in einer Entscheidung vom 21.12.2011 diese Rechtsprechung bestätigt und ausgeführt, dass Urlaubsansprüche spätestens 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres untergehen und daher bei einer späteren Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr abzugelten sind.
gez. Dr. Wessing